Nachdem wir das Panorama reichlich genossen hatten, machten wir uns wieder an den Abstieg. Auf der Terrasse des Wirtshauses war es brechend voll und die Sonne knallte ganz schön auf uns herunter. Jetzt konnte ich zum ersten Mal nachempfinden, warum die Leute in den Bergsteigerfilmen so oft im Schwimmanzug auf der Veranda sitzen können…
Oberstdorf
Die Gondel spuckte uns auf 2300m aus, Schnee soweit das Auge reichte. Um die Anlegestelle herum war das unvermeidliche Restaurant gebaut worden, mit großer Außenterasse und eine Plattform. Auf der Plattform sass die Polizeikapelle irgendeines Kaffs in Österreich und spielte humpta humpta. Schnell begannen wir mit dem Aufstieg und spätestens jetzt wußte ich auch, warum die anderen Bergbahnen noch geschlossen waren. Der Anstieg begann durch eine über mannshohe Schneewehe, in die ein schmaler Pfad gefräst worden war. Wir nahmen die letzten 300 Höhenmeter und quetschten uns mit etwa 100 anderen Gästen um das Gipfelkreuz herum. Sehr imposant!!!
Nachdem sich der Bus durch halsbrecherische Serpentinen ins österreichische Voralpengebiet gekämpft hatte, sahen wir den ersten Schnee hoch oben! Ich war schon ganz aufgeregt, so dass mich die knapp 70 Euro für die Hin- und Rückfahrt mit der Gondel nicht wirklich tangierten. Die wilde Fahrt ging auch gleich los und ab etwa 1500m waren wir mitten im Winter!
Vom Busbahnhof in Oberstdorf fuhr ein Bus direkt zur Walmendingerhornbahn. Das war nahezu die einzigste Bergbahn, die um diese frühe Zeit im Jahr schon geöffnet hatte. Ich erlitt kurz Schnappatmung, als wir ein Schild passierten mit Österreich! Ich hatte natürlich keinen Ausweis bei mir und ich erinnerte mich lebhaft, als ich mit meinem Vater einst Bergtouren machte, mußte er immer meinen riesigen Kinderausweis im Gefrierbeutel mit sich herum schleppen, falls wir die Grenze zu Österreich überquerten sollten, irgendwo in luftiger Höhe. Rolf beruhigte mich sogleich, die Bergtouren damals seien sicherlich VOR dem Schengener Abkommen gewesen.
Der Rundweg durch die Schlucht war ziemlich nass, ständig tropfte es von oben herab, wir erklommen in den Fels gehauene Treppen, überquerten wackelige Brücken, Abenteuer satt! Wir sind jetzt in einem Alter, wo man nur spazieren geht, wenn in der Halbzeit eine Kneipe mit einem kühlen Bier auf uns wartet. So auch diesmal. Da unser von zu Hause mitgebrachte Biervorrat sich dem Ende neigte, waren wir gespannt auf das einheimische Bier und so probierten wir jeder ein anderes, um die Auswahl zu erhöhen. Herrjeh, wir sind schon verwöhnte Blitze…
Am 23. September 1995 um 6 Uhr kam es zu einem Felssturz, in dessen Folge etwa 50.000 qm Fels und Geröll in die Schlucht stürzten. Daraufhin stauten sich 300.000 qm Wasser 30m hoch an. Am 23. März um 11:30 brach das Wasser durch, verwüstete die Klamm vollständig und richtete Schäden in Höhe von rund 300.000 DM an.
Wenn schnellfließendes Wasser große Massen an Geröll mit sich reißt, fräst sich der Fluss wie ein Keil in den Boden und eine Schlucht entsteht. Wenn extrem schnellstürzendes Wasser auf das Gestein trifft, wird die extremste Form der Schlucht gebildet – eine Klamm.
Am Vatertag besuchten wir die Breitachklamm. Sie ist die tiefste Klamm der Bayerischen Alpen und die tiefste Felsenschlucht Mitteleuropas.